30 Zeilen zu „Grüne und Homöopathie/ Naturheilkunde“

Durch verschiedene Einzeldiskussionen, unter anderem bei der Grünen Jugend, kam in letzter Zeit der Verdacht auf, wir Grünen würden uns von der Naturheilkunde abkehren. Dem ist nicht so.

Unsere Kreisvorsitzende Anke Much ist beruflich „vom Fach“ und derzeit auch unsere Bundesdelegierte und hat als solche das neue Grüne Grundsatzprogramm beraten und verabschiedet.

Deshalb habe ich Sie gefragt, ob Sie in einem Gastbeitrag „30 Zeilen…“ zu
Homöopathie und Naturheilkunde schreiben würde:

Etliche Änderungsanträge zum Grundsatzprogramm-Entwurf sorgten für
Diskussionen. Dass Bündnis 90/Die Grünen nun auf Distanz zur Homöopathie und zur Naturheilkunde gehen, hält der Verband Klassischer Homöopathen Deutschlands (VKHD e.V.) allerdings für „Fake-News“.
Ich durfte als Delegierte meines Kreisverbandes Calw über das Grüne
Grundsatzprogramm, siehe unter

<https://cms.gruene.de/uploads/documents/20200125_Grundsatzprogramm.pdf>

mit abstimmen. Als Kinderkrankenschwester und Heilpraktikerin haben mich dabei die Medizin-Themen besonders interessiert.

„Leistungen, die medizinisch sinnvoll sind und deren Wirksamkeit
wissenschaftlich erwiesen ist, müssen von der Solidargemeinschaft übernommen werden.“ heißt es nun im Grundsatzprogramm (Kapitel Gesundheit und Pflege, Abschn.240). Der Homöopathen-Verband findet, dass es dabei keinesfalls um das Aus der Erstattungsfähigkeit gehe, wie von einigen befürchtet wurde. Im Gegenteil wäre hier die Erstattungsverpflichtung definiert worden (VKHD aktuell 02/2020).

Weiter heißt es im Grünen Grundsatzprogramm: „Wahlfreiheit im
Gesundheitswesen bedeutet, dass Versicherte die Möglichkeit haben, sich im
Krankheitsfall zwischen unterschiedlichen qualitätsgesicherten Angeboten und Therapien zu entscheiden. Dafür braucht es Therapievielfalt und
Selbstbestimmungsrecht der Patient*innen. Viele Menschen nutzen die
Komplementärmedizin, die somit eine relevante Rolle in der heutigen
Gesundheitsversorgung spielt. Die Forschung zur Wirksamkeit zum Beispiel von Naturheilverfahren soll unterstützt werden.“(Abschn. 242)

Das Fazit des VKHD e.V. dazu: „In Verbindung mit der Entscheidung zur
Erstattungsfähigkeit kann man also festhalten, dass die Partei insgesamt
eine starke Position für die Komplementärmedizin und das Prinzip der
Selbstbestimmung der Patient*innen auch hinsichtlich der Therapiewahl
bezogen hat.“ (VKHD aktuell ebd.)

Ja, genau so sehen es 97 % der von ihren Kreisverbänden für die Abstimmungen zum Grundsatzprogramm delegierten Grünen. Komplementärmedizin beschränkt sich freilich nicht auf Homöopathie, sondern umfasst viele Therapieformen, insbesondere auch Pflanzenheilkunde, deren alter Erfahrungsschatz bereits in der Menschheitsgeschichte verankert ist. Heute ist die Wirkung vieler altbekannter Heilpflanzen auch wissenschaftlich erforscht und belegt.

Besser als entweder – oder finden wir Grünen es, zwei Aspekte gewinnbringend zu vereinen:  Kind + Karriere, Biene +Bäuerin, Ökologie + Ökonomie, Hessebahn + Fledermaus. So auch Schulmedizin + Naturheilkunde.

Während es früher klar ein Todesurteil war, werden heute durch
schulmedizinische Behandlung 90 % der Kinder mit Akuter Lymphatischer
Leukämie wieder gesund. Vor einigen Generationen erst war es nicht selten,
dass Kinder an Diphtherie gestorben sind. Durch die Diphtherie-Schutzimpfung besteht nun in Europa überhaupt keine realistische Ansteckungsgefahr mehr. Das sind große Erfolge.

Mit ihrer ganzheitlichen Sicht hat allerdings die Naturheilkunde bei
chronischen Erkrankungen längerfristig die wirksameren Mittel. „Nicht mit
Kanonen auf Spatzen zu schießen“, also einen zurückhaltenden Umgang mit z.B. Cortison und Antibiotika gerade im Kindesalter hat die Naturheilkunde immer befürwortet. Dies hat sich durch die Nebenwirkungen dieser Mittel längst bewahrheitet. In vielen Fällen kann die Naturheilkunde sogar bessere
Alternativen anbieten.

Für unsere Gesundheit ist es am besten, wenn Schulmedizin + Naturheilkunde
jeweils ohne ideologische Überhöhung als sich ergänzende Medizinformen
genutzt werden können. Das Bekenntnis zu Therapievielfalt im Grünen
Grundsatzprogramm finde ich sehr gut .

Anke Much

1 Kommentar

  1. Martha Kellner

    Wenn die Grünen von „Leistungen, … deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist“ sprechen, dann ist Homöopathie von der Erstattungsfähigkeit ausgeschlossen. Das ist für mich ein eindeutiger Hinweis, dass sich die Grünen von der Homöopathie distanzieren.

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