30 Zeilen …. meine GEDANKEN zum GEDENKEN des Volkstrauertags

Liebe Rundbrief- Leserinnen und -Leser,

wenn auch Coronabedingt in verkürzter Form, wurde diesen Sonntag der Volkstrauertag begangen, vor allem zum Gedenken an die Opfer von Nazi- Herrschaft und Zweitem Weltkrieg. Ich möchte den geschichtlichen Bogen  etwas weiter spannen und auch aus Sicht meiner Familien- und Heimatgeschichte beginnen.

In wenigen Wochen jährt es sich zum 150-sten Mal, dass mein Urur- Großvater im Deutsch- französischen Krieg (im Volksmund der „Siebziger- Krieg“) verwundet wurde. Bittere Kälte bewahrte ihm das Leben, aber sein Bein musste amputiert werden. So gründete er als Veteran doch noch eine Familie und lebte weitere 65 Jahre. Die Familienüberlieferung berichtet von Phantomschmerzen zeitlebens und von einem sehr strengen Familienpatriarchen, der jedoch mit leuchtenden Augen von „Seiner Majestät“ sprach, dem in Schloss Versailles am 18. Januar 1871 triumphal zum Kaiser gekrönten Wilhelm I.

Rund 20 Jahre früher hatte noch die Chance bestanden, dass Demokratie und Rechtsstaat sich in Europa durchsetzen. Es gab sogar Ansätze für einen internationalen Rahmen, quasi einen Vorläufer der EU. Doch nach der Niederschlagung der Revolution verfestigte sich ein ziemlich blinder Nationalismus, während  die Demokratie noch einmal 50 Jahre warten musste. Diese kriegerische Spirale fand 1870/71 einen ersten Höhepunkt und mündete in die sogenannte Erbfeindschaft mit Frankreich und in den Ersten Weltkrieg, der mit etwa 17 Mio Toten gemeinhin als Ur- Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird.

Der Blick auf meinen Heimatort Gechingen macht dies etwas konkreter:  Von ca. 1.000 Einwohnern (vergleichbar dem heutigen Calwer Stadtteil Alzenberg) kehrten 49 junge Männer nicht wieder heim, darunter 2 Brüder und 2 Vettern (Cousins) meiner Großmutter.

Mit dem Zweiten Weltkrieg kam die noch größere Katastrophe, nicht nur wegen noch höherer Opferzahlen, sondern auch durch Holocaust und weitere unfassbare Gräueltaten.

In Gechingen waren nur rund 25 Jahre später dann sogar 101 Gefallene und Vermisste zu beklagen, darunter auch der jüngste Bruder und ein Neffe meiner Großmutter. Hinzu kamen 7 getötete Zivilisten beim Fliegerangriff am unmittelbaren Kriegsende, darunter auch ein französischer Kriegsgefangener, der oft bei meinem Großvater im Stall gesessen war und anderntags hätte heimkehren können.

Die Tränen sind längst vergossen, warum diese Beschreibung? Weil reine Zahlen gerne vergessen machen, dass es bei jeder und jedem Einzelnen um Menschen ging und um Familien, die zurückblieben.

Vor allem aber will ich Eines aufzeigen:  Am Anfang dieser unbeschreiblichen und völlig nutzlosen Gewalt- Spirale stand ohne Not dieser Nationalismus, der  –  entgegen allen Behauptungen  –  am Ende auch die ganz eigenen nationalen Interessen massiv beschädigte. Die Probleme der Welt und die langfristige Sicherung der Lebensgrundlagen waren offenbar schon damals nicht national lösbar.

Heute sind die Herausforderungen weit größer und globaler:   wir sind bald 8 Milliarden Menschen, deren friedliches Zusammenleben organisiert werden muss, und weder Coronavirus noch Klimawandel interessieren sich für nationale Grenzen.

Deshalb mein ausdrückliches Werben an all jene, die im „Nationalen“ und in der Abgrenzung politische Lösungen suchen:   ich bin mir sicher, dass „Germany first“ schlicht keine langfristig tragfähigen Lösungen bietet, auch wenn es auf den ersten Blick einfacher erscheint, sich auf das Eigene zu konzentrieren.

Das ist auch nicht nur „Gutmenschentum“, sondern die tiefe Überzeugung, dass wir – auch im eigenen Interesse  –  auf lange Sicht nur mit dem Blick für Alle dieses friedliche Zusammenleben erreichen und sichern können.

Und ich glaube, auch der geschichtliche Rückblick zeigt das an vielen Beispielen.

Soweit für heute

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