30 Zeilen, …. heute ein Gastkommentar von Wolfgang Much zu „Wandel und Zukunft der Automobilindustrie“ ….

Liebe Rundbrief- Leser*innen,

die Zukunft des Automobils, in unserer Region verständlicherweise auch der damit verbunden Arbeitsplätze, ist eine der zentralen politischen Fragen. In unserem Arbeitskreis Energie der Grünen im Kreis Calw diskutieren wir darüber seit Monaten immer wieder. Die Europa- Grünen hielten dazu vor rund 2 Wochen ein großes Webinar ab, mit einer Vielzahl von Vertreter*innen aus Industrie, Gewerkschaften, Verbänden etc., siehe rückblickend:  https://www.eventbrite.com/e/automobilindustrie-im-wandel-d-automotive-industry-transition-in-the-eu-tickets-133066057159#

Wolfgang Much, einer der beiden Sprecher unseres Grünen Arbeitskreis Energie, war Manager in der Automobilindustrie, weshalb ihm deren Zukunft besonders am Herzen liegt. Deshalb habe ich ihn gebeten, als Gast- Autor seine Sicht der Dinge darzulegen, nicht zuletzt auch darüber, was er beim oben genannten Europa- weiten Webinar wahrgenommen hat:

Die IG-Metall, der Verband der Deutschen Automobilindustrie und viele große Zulieferer bekennen sich öffentlich zu den Pariser Klimazielen. So wie wir GRÜNE auch.

Das heißt für uns, gegen die Klimakrise muss jetzt gemeinsam gehandelt werden! Auch das Automobil hat hier seinen Beitrag zu leisten. Und für den Antrieb der Zukunft bedeutet das, dass der Strom aus Sonne und Wind das klimaneutrale Rückgrat des Verkehrssektors wird.

30% unserer CO₂-Emissionen werden heute durch unsere Mobilität verursacht. Aber unsere Fahrzeuge stehen im Durchschnitt 23 von 24 Stunden pro Tag auf Parkplätzen oder in Garagen. Während dieser Zeiten ohne Nutzung, kann das Auto geladen werden. Daher ist die zukünftige Lösung für die große Mehrheit aller Fahrzeuge die Umstellung auf den Batteriebetrieb. Ausnahmen werden nur Spezialanwendungen sein mit Dauerbetrieb, im Schwerlast- oder Fernverkehr. In diesen Bereichen könnten z.B. Brennstoffzellen und Wasserstoff die Zukunft sein.

Dennoch wird neben einem verbesserten öffentlichen Nah- und Fernverkehr, auch die individuelle Mobilität mit dem PKW in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Das gilt vor allem für den ländlichen Raum, wo das Laden der Akkus mit eigenem PV-Strom viel einfacher möglich ist.

Das Automobil ist in vielen Regionen die Basis für den gesellschaftlichen Wohlstand. Deshalb wollen wir, dass die neuen Antriebs-Technologien vor allem in den Regionen entwickelt und gebaut werden, wo auch die Verbrennungsmotoren und ihre Komponenten zur Blüte gebracht wurden. Nur so lässt sich der Umbau des wichtigsten Industriezweiges in Europa sozialverträglich gestalten. Wir GRÜNE wollen, dass die besten Autos der Welt auch in Zukunft bei uns gebaut werden.

Der Elektroantrieb und die dazugehörigen Komponenten sind jedoch nicht die Kernkompetenz der deutschen Automobilindustrie. Ihre Elektronik- und Software-Kompetenz ist im Vergleich mit manchen Wettbewerbern aus den USA oder China einfach zu schwach.

Um unsere Gesellschaft fit für die Zukunft zu machen, müssen wir junge Menschen für diese fortschrittlichen Technologien begeistern und eine Ausbildungsoffensive auf allen Ebenen des Bildungsbereichs starten. Für alle Mitarbeiter, die heute noch in den alten Technologien eine Beschäftigung finden, brauchen wir ein Umschulungsangebot.

Dennoch werden in Summe ein Teil der Arbeitsplätze verloren gehen, weil der E-Antrieb technisch einfacher ist. Er enthält weniger Bauteile und ist einfacher im Aufbau.

Umfragen belegen, dass 50% aller Arbeitnehmer heute nicht wissen, wie sich ihr Unternehmen in Zukunft aufstellen will. Das erzeugt bei vielen Menschen Unsicherheiten und Widerstände gegen den notwendigen Wandel. Industrie, Gewerkschaften und Politik sind hier gefordert, offen die Wahrheit zu sagen und gemeinsam neue Zukunftsperspektiven zu entwickeln und aktiv anzusteuern. Ein einfaches „weiter so“ wird nicht funktionieren.

Unternehmen und Mitarbeiter brauchen von der Politik verlässliche Rahmenbedingungen und Richtungsentscheidungen an welchen Technologien sie sich in Zukunft orientieren sollen. Diese Rahmenbedingungen legen auch fest, mit welcher Infrastruktur wir in die Zukunft gehen. Eine weitgehende Technologieoffenheit blockiert die notwendigen Entscheidungen und damit auch wichtige Investitionen.

Ein Teil dieser Investitionen muss in eine europäische Initiative für den Ausbau der Ladeinfrastruktur fließen, die aktuell nicht mit der stark wachsenden Anzahl von E-Mobilen Schritt hält. 75% aller Ladesäulen in Europa stehen in nur 3 von 26 Ländern in der EU (F, NL und D). Hier ist Europa gefordert, die Weichen zu stellen.

Es ist unser Ziel, den notwendigen Wandel erfolgreich zu gestalten. Das kann nur, wer die Fakten zur Kenntnis nimmt und daraus klare Strategien entwickelt und diese dann konsequent verfolgt.

Wolfgang Much

Ich danke Wolfgang Much für seine ausführliche Darlegung und möchte nur ergänzen, dass Ministerpräsident Kretschmann bereits 2017 einen Strategiedialog einberufen hat, um genau diese beschriebene Herausforderung für die Automobilwirtschaft aktiv zu gestalten,

siehe weitere Infos unter

https://stm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/strategiedialog-automobilwirtschaft-zieht-positive-zwischenbilanz/

Soweit für heute. 

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