Als Zweitkandidatin für Bündnis 90/ Die Grünen zur Landtagswahl am 13. März 2016 stelle ich heute meine 50 Zeilen zum Thema Bildung online. Bildungsoffensiven sind so alt wie das System selbst. Zu meiner Schulzeit wurden unter der politischen Großwetterlage des Kalten Krieges die Mengenlehre und andere Optimierungsmaßnahmen eingeführt, da „der Westen“ aufgrund des Sputnik- Schockes wie paralysiert war. Die vielleicht wichtigste Reform war eine Errungenschaft der 68-er Jahre: Mit der Einführung des 2. Bildungsweges und eines durchlässigeren Schulsystems, welches sich bis heute weiter entwickelt hat, wurde es möglich, höhere Bildungsabschlüsse, wann immer man dies für passend hielt, auch noch in anderen Lebenslagen zu erreichen. Die Durchlässigkeit des Systems ist bis heute eine wertvolle Errungenschaft. Schulische Entwicklungen sind immer auch Reaktionen auf veränderte gesellschaftliche Voraussetzungen. Vor 15-20 Jahren forderte die Industrie mehr Ingenieure. Mit dem Abitur oder Fachabitur eine Schullaufbahn zu beenden war das große Ziel. Heute schlagen Handwerksverbände Alarm: Es mangelt ganz gravierend an jungen Menschen, die bereit sind, eine handwerklich orientierte Berufskarriere einzuschlagen. Mitentscheidend für eine erfolgreiche Bildungsbiographie ist die soziale Herkunft, die für Kinder aus Akademikerhaushalten eine 5-fach günstigere Ausgangsposition – und somit auch Erfolgsposition – generiert. Abgesehen davon, dass Chancengleichheit nie zu erreichen sein wird, muss (Grundgesetz!) das Bildungssystem doch wenigstens gerechte Chancen bieten. Kinder, die in einen der Bildung nicht förderlichen Rahmen hineingeboren werden, verlieren in der Mehrzahl, wenn sie keine Unterstützung erfahren. Außerdem, so denke ich, können wir es uns schlicht und einfach nicht leisten, dass „Systemverlierer“ auf der Strecke bleiben. Sind wir doch ehrlich: In den allermeisten Fällen wird zu Hause mit den Kindern gelernt, vorbereitet….häufig „schafft die ganze Familie“. – Von dem unbegrenzten Markt der Nachhilfemöglichkeiten als Wirtschaftszweig wissen wir alle. Allzu verständlich und überfällig war, dass die Landesregierung anstrebte, hier gerechtere Voraussetzungen zu schaffen. Mit der Gemeinschaftsschule ist eine echte Alternative zu einem System geschaffen worden, das sich an traditionellen Bildungswerten orientierte. Schüler und Schülerinnen sollen, abgestimmt auf ihren persönlichen Lernstand gefördert werden, der eine langsamer, der andere schneller. Die Hausaufgaben sollen in der Schule erledigt werden, auch zu Mittag gegessen wird dort. Dies stellt eine große Herausforderung dar und die Ganztagesbetreuung stellt selbstverständlich auch die Frage nach erzieherischen Aufgaben, die immer auch Auseinandersetzung bedeutet, in den Raum. Lernen bedarf einer gewissen Disziplin und sollte – kann aber nicht immer – Spaß machen. Dies ist in diesem Fall fast auf ganzer Linie von Lehrkräften durchzusetzen. Menschen, die Ihren Beruf hier nicht gerne tun, sich nicht auf offene, konstruktive Diskussionen einlassen können, nicht bereit sind, mit Eltern und Kindern zusammenzuarbeiten, tragen ebenso wenig zur Weiterentwicklung bei wie Eltern mit endlosen Wunschkatalogen, die Verantwortung einfach abgeben wollen. Um den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen zu sein, sollte das Lernen aller Kinder begleitet sein durch Auseinandersetzung miteinander in Verantwortung füreinander. Erika Kanzleiter- Schilling |
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