DISKUSSIONSSTAND AUS MEINER SICHT: Seit 1 ½ Jahren liegt der Bildungsplanentwurf der grün-roten Landesregierung vor. Ein ministeriumsintern diskutierter Aktionsplan gelangte zudem im Entwurfsstadium ins Internet. Auch durch die Volksabstimmung in Irland wurde das Thema neu angefacht. Vor allem in christlichen Kreisen – wo ich meine gesellschaftliche Heimat habe – entspannt sich seit je her eine besonders kontroverse Auseinandersetzung. Deshalb will ich meine Meinung auch ganz bewusst aus dieser Perspektive darstellen; wohlwissend, dass Bibel und Glaubenslehre für andere gar nicht der Maßstab bei solchen Fragen sind. MEINE BEWERTUNG: Streit um Bibelauslegung gibt es schon seit Jahrtausenden. Bereits in den Evangelien diskutiert Jesus mit den Schriftgelehrten wiederholt solche Fragen. Wenn es z. B. Uneinigkeit darüber gibt, ob die Welt in 7 Tagen oder in Millionen Jahren entstanden ist, kann man das am Ende stehen lassen, ohne dass jemand daraus persönlich belastet wird. In der Bewertung von Homosexualität ist dies jedoch anders. Wenn die These im Raum steht: „Gleichgeschlechtliche Liebe ist falsch oder gar Sünde“, dann ist das eine massive Beeinträchtigung der Persönlichkeit von Millionen Menschen. Die Berufung auf einzelne Bibelstellen aus Paulus-Briefen und Alten Testament ist meines Erachtens zu wenig, um eine solche Beeinträchtigung zu begründen. Als Christ, für den die Worte und Taten Jesu in den Evangelien zentrale Orientierung sind, ist es zudem bemerkenswert, dass dort zu diesem Thema nichts zu finden ist. Hingegen sagt Jesus: „das oberste Gebot ist die Liebe“. Deshalb akzeptiere ich, dass es in Gottes Schöpfung diese anderen Formen von Lebenspartnerschaften gibt und will meinen Beitrag dafür leisten, jegliche Diskriminierung und Tabuisierung abzubauen. Meine Lebenswelt im Rahmen einer ganz gewöhnlichen Ehe und Familie stellt dies in keinster Weise infrage. Dass es diese Diskriminierung besonders an Schulen in Form von Schimpfworten aber auch von Abgrenzung aus Unsicherheit gibt, ist unbestreitbar. Deshalb halte ich das Grundanliegen des Bildungsplans für richtig und notwendig. Auch aus den bekanntgewordenen Details des sogenannten Aktionsplans kann ich nichts Verwerfliches erkennen. Die Sorge der Gegner, es solle in den Schulen zukünftig „umerzogen“ werden oder verstärkt um Sexualpraktiken gehen, kann ich darin nicht erkennen. In einer Zeit, wo viele Menschen ohne Trauschein und damit zumindest weniger verbindlich zusammenleben, sollte man es meines Erachtens begrüßen, wenn auch Homosexuelle sich trauen lassen wollen. Deshalb stehe ich zur Forderung einer Homo-Ehe, wie jüngst in Irland beschlossen. Ein weitergehender Schritt ist die Frage der Adoption, wo ich selbst zumindest unsicherer bin. Aber auch da muss schon sehr gut begründet werden, wenn man dies Homosexuellen verwehrt. Es stellt schließlich auch niemand Erziehungsrecht und –kompetenz von Alleinerziehenden oder Patchwork- Familien infrage, obwohl auch da die Funktionen von Vater und Mutter nicht ganz klar zugeordnet werden können. MEIN FAZIT: Interessant ist auch, dass Christus sich zwar nicht zur Homosexualität äußert, wohl aber zum Thema „Ehe“. Er benennt nämlich beinahe unerfüllbare Kriterien für den „Ehebruch“. Ich glaube deshalb, ihm war viel wichtiger, dass jeder für sich verantwortungsvoll mit Sexualität und Partnerschaft umgeht, anstatt in richtige oder falsche Liebe zu sortieren. Im Übrigen finde ich, gerade wir Christen – aber auch die ganze Gesellschaft – sollten uns viel stärker mit den großen Zukunftsfragen auseinandersetzen, also mit Kriegen, Klimawandel und Welternährung. Denn darunter leiden schon heute Milliarden von Menschen, nicht zuletzt spürbar an Millionen von Flüchtlingen. Nicht nur einzelne Bibelstellen, sondern das ganze Evangelium empfinde ich als einen einzigen Fingerzeig, dass wir wohlstandsverwöhnten Menschen der westlichen Welt bei diesen Fragen in großer Verantwortung stehen, diese jedoch höchst unzureichend wahrnehmen. MEINE ANKÜNDIGUNG: Für Oktober planen wir eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema mit VertreterInnen der ganz unterschiedlichen Meinungen, voraussichtlich im Raum Nagold. Johannes Schwarz |
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