„50 Zeilen …“ – heute: „Energiewende“ (3.7.2015)

Energiewende    –    warum?

Dr. Jischa, Ruhestandsprofessor aus Niedersachsen, sprach vor kurzem bei einer kirchlichen Veranstaltung und zeigte minutiös die Fakten des Klimawandels auf:       über viele Warm- und Eiszeiten hinweg schwankte die CO2- Konzentration der Atmosphäre stets in einem Korridor von 100% (Mindestwert) bis 140%. Heute haben wir die 200% überschritten, bei offensichtlichem Zusammenhang mit der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Umso klarer seine abschließende Forderung:  „selbst das Öl und die Kohle, die noch leicht zugänglich sind, sollten am besten unter der Erdoberfläche bleiben.“ Dazu kommt die soziale Dimension weltweit. Die Reichen auf dieser Erde gelten als Hauptverursacher, während die Armen heute schon am Stärksten unter den Wetterkapriolen des Klimawandels leiden. Unterdessen strengen sich die Reichen längst an, sich auf den Klimawandel einzustellen und vernachlässigen eine beherzte Ursachen-bekämpfung. Deshalb  –  neben manch anderen Gründen (Atomausstieg etc.) – Energiewende.

Energiewende    –    wie weiter?

                – es gibt große Wirtschaftszweige, teilweise auch mit vielen Arbeitsplätzen, die noch an den „alten Energieformen“ hängen. Unbestritten ist aber, dass eine hochpreisige Export- Wirtschaft, wie wir sie besonders in BaWü haben, nur dann bestehen kann, wenn sie in Sachen Zukunftstechnologie immer einen Schritt voraus ist. Das von Grün-Rot angestoßene Bündnis Europäischer Regionen für den Klimaschutz folgt genau diesem Gedanken.

                – die Frage, was am Effizientesten wäre und welche Technik gar keinen Sinn macht, ist wichtig. Aber als einer, der schon lange diese Diskussionen verfolgt, denke ich zunehmend, die Energiewende ist so komplex und umfassend, dass es weder bei der Wärme, noch bei Strom oder Mobilität die eine Lösung gibt. Sondern überall braucht es den Energiemix und passgenaue Lösungen für die konkrete Situation.

                – ein Problem sind sicher die vielen Vorbehalte gegen konkrete Projekte, bei uns vor allem gegen die Windenergie. Jeder der leichtfertig von „Landschaftsverschandelung“ spricht oder Theorien über infraschall etc. folgt, muss sich fragen lassen, ob er die große Aufgabe Klimaschutz nicht zugunsten eigener Befindlichkeiten behindert.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht nur auf die große Politik an, die Rahmenbedingungen schafft und weiterentwickelt. Nein, es braucht vor allem auch die „Umsetzer“, also Bürger und Kommunen, Handwerk und Wirtschaft, die konkrete Projekte angehen, investieren, auch gewisse Risiken in Kauf nehmen, weil neue Techniken sich einfach erst im Betrieb vollends bewähren können.

Energiewende    –    konkret

Bei der Wärmenutzung ist klar und EU- weit beschlossen, dass unsere Gebäude mittelfristig nahezu keine Energie mehr brauchen dürfen. Baumaßnahmen als langfristige Investition sollten deshalb schon heute diese Standards anstreben, so z. B. meine aktuelle Kreispolitische Forderung, die geplanten Krankenhausbauten in Passivhausniveau umzusetzen. Ein klarer Trend ist auch, mehrere Gebäude mit einer Energiezentrale zu versorgen, vom kleinen Nahwärmeverbund bis zum Fernwärmenetz.

Die Stromwende ist der meist diskutierte Bereich, auch durch die Konkurrenz zwischen den alten Monopolisten (RWE, EnBW &Co) und den Erneuerbaren und Dezentralen Akteuren, allen voran die unabhängigen Stadtwerke (Bsp. Altensteig) und die Ökostromanbieter (Bsp. EWS Schönau). Der überbewertete Streit um die Photovoltaik- Vergütung entbrannte im Übrigen nur, weil deren Anteil heute viel größer ist, als man vor 15 Jahren für machbar hielt. Das macht Hoffnung, dass die Stromwende schneller gehen könnte, als gedacht und vollends zum Exportschlager wird. Besonders beim Strom gilt dabei die These vom Energiemix:     wir brauchen sowohl Photovoltaik, als auch Biomasse und BHKW‘s, wir brauchen sowohl Windkraft im Süden Deutschlands, als auch offshore-Windenergie, die dann mit neuen Stromtrassen von der Nordsee hergeleitet werden muss. Zu welchen Anteilen, wird sich weisen. Aber keiner sollte heute schon ganz genau wissen, welche Technik unter den Erneuerbaren gar nicht gebraucht wird. Spannend ist auch die Vision, das bestehende Erdgasnetz als großen Energiespeicher zu nutzen, was zugleich die Symbiose von Wärmenutzung und Erneuerbarer Stromgewinnung wäre.

Wichtig ist, die Bürger mit ihrer Investitionskraft mitzunehmen, auch um mehr Akzeptanz für konkrete Projekte zu gewinnen. Deshalb mein Traum einer Kreisenergiegenossenschaft mit Stadtwerken und Kommunen, Bürgern und bereits bestehenden Bürgersolargemeinschaften, Banken und Mittelstand. Dann könnte man auch größere Projekte regional anpacken, wie Windräder oder Nahwärmenetze bis hin zur Erzeugung von Wasserstoff als Sprit für die Brennstoffzellenzüge der Hermann- Hesse- Bahn. Die Mobilität ist der Bereich mit den größten Fragezeichen. Das Tempo der Stromwende lässt zumindest hoffen, dass am Ende große Teile des Personen-/ Individualverkehrs ebenfalls elektrisch laufen könnten.

Im Arbeitskreis Energie des Grünen Kreisverbands haben wir ein Energiekonzept für den Landkreis ausgearbeitet. Die vorläufige Endversion vom Februar 2015 ist für Interessierte als PDF angehängt. Über den Landespolitischen Stand der Dinge, die Konflikte zwischen Bundesregierung und Bundesländern um die Ausgestaltung der Stromwende, Atomendlagerung etc. werde ich im Herbst noch einmal schreiben.
Johannes Schwarz

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