50 Zeilen – …. das Schweizer Regierungsmodell (21.8.2015)

oder ob die strikte Trennung in Regierung und Opposition  der Weisheit letzter Schluss ist.
Dass ausgerechnet ein Grüner sich Gedanken um Vorteile des Schweizer Regierungsmodells macht, liegt nicht gerade auf der Hand. Denn im sogenannten Bundesrat (vergleichbar Bundesregierung) sind die Schweizer Grünen bisher nicht vertreten, obwohl deutlich kleinere Parteien einen Sitz haben. Dennoch lade ich zu einer genaueren Betrachtung ein:   Gemeinsamkeiten und Unterschiede Auch das Schweizer Parlament, der sogenannte Nationalrat, wird alle 4 Jahre neu gewählt, in Wahlkreisen und bei festgelegter Sitzzahl. In den Kantonen, vergleichbar zu unseren Bundesländern, wird ähnlich gewählt. Bei den Unterschieden denkt man zunächst mal an die regelmäßigen Volksabstimmungen in der Schweiz. Aber auch die Regierungszusammensetzung ist anders als bei uns. Der schweizerische Bundesrat als die Regierung besteht aus 7 Ministern (= Bundesräten), in ihm sind ursprünglich alle Parteien des Nationalrats vertreten. Die Zunahme der Parteienvielfalt und Verschiebungen der Wähleranteile haben diesen Proporz in den letzten 20 Jahren zwar aufgeweicht. Aber es gilt immer noch das Prinzip, möglichst alle Parteien in die Regierungsarbeit einzubeziehen. Es gibt in der Schweiz auch nicht den einen Regierungschef als Spitzenposition wie die Bundeskanzlerin oder der Ministerpräsident. Nur als oberster Repräsentant wird im Wechsel aus den 7 Bundesräten jeweils für ein Jahr der/ die BundespräsidentIn gewählt.   Die Vorteile:  keine Koalitionsverhandlungen, weniger unausgegorene Gesetze Grundsätzlich geht es nach Wahlen zügig weiter, weil die Regierungsbildung weit weniger von den direkten Mehrheitsverhältnissen im neu gewählten Parlament abhängt. Gesetze werden auch nicht unter Zeitdruck und unausgegoren in Koalitionsverhandlungen vereinbart, sondern müssen im Nationalrat jeweils ihre Mehrheiten finden. Genau darin sehe ich den entscheidenden Vorteil. Denn dies stärkt das Parlament, weil es nicht nur Willensvollstrecker einer Koalition ist, sondern viel eher das Gremium, in dem die Gesetze ausdiskutiert werden. Damit der Blick zurück in den Deutschen Bundestag. Ich will hier nicht die Häme über die CSU wiederholen, wegen des gekippten Betreuungsgeldes. Aber es häufen sich in den letzten Jahren Gesetze, die gegen klare Gesellschaftliche Mehrheiten zugunsten einzelner Koalitionspartner durchgesetzt werden und denen auch viele Koalitionsabgeordnete nur mit der „Faust in der Tasche“ zugestimmt haben. 2010 etwa, beim Verlängerungsbeschluss der Atom- Laufzeiten, den die Regierung Merkel- Westerwelle als reines Zugeständnis an CSU und FDP sowie an die Atom- Lobby durchgesetzt hatte. Der Widerstand von CDU- Umweltminister Röttgen und viele gesellschaftliche Warnrufe halfen nichts, Röttgen wurde von Merkel sogar entlassen. Das Ende dieses Gesetzes kam erst durch die Atomkatastrophe von Fukushima, dann aber in einer abrupten Kehrtwende durch sofortige Abschaltung von 7 Atommeilern. Manch einer mag das anders bewerten oder in Erinnerung haben, aber eines kann man ziemlich sicher sagen: Ohne Koalitionszwang hätte weder die Atomlaufzeit- Verlängerung, noch das Betreuungsgeld, noch die PKW- Maut eine Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden.   Ein Fazit im Blick auf Kreistag und Landespolitik Vielleicht sympathisiere ich mit dieser Schweizer Konstellation auch deshalb, weil es im Kreistag ähnlich zugeht. Der Landrat wird nur alle 8 Jahre – in erster Linie als Person – gewählt. Konkrete Beschlüsse werden durch ständig wechselnde Mehrheiten, teilweise quer durch die Fraktionen, gefasst. Auch deshalb macht mir diese Gremienarbeit bei allem Ernst der Themen bis heute großen Spaß. Krampfhaftes Schlechtreden und bemühte Lobhudelei verdecken auch in der Landespolitik, dass die Unterschiede in der Sache oft gar nicht so groß sind. Aber um nach der nächsten Wahl wieder regieren zu dürfen, braucht es scheinbar diese Rituale. Zumindest bei Themen, die Emotionen und Ängste in der Bevölkerung hervorrufen, wie z. B. Polizeireform oder Bildung, ergeben sich meines Erachtens erhebliche negative Nebenwirkungen. Da wäre es vielleicht besser, man könnte beim ein oder anderen Thema die Lösung gemeinsam suchen und dann auch so vertreten. Damit kein Missverständnis aufkommt. Dies ist kein Plädoyer gegen Wahlkampf. Im Gegenteil, die Auseinandersetzung um die besten Lösungen muss unter Beteiligung möglichst vieler ausgetragen werden. Dies ist ja auch in der Schweiz nicht anders. In diesem Sinne auch weiterhin mein Versuch, mit jeweils „50 Zeilen“ einen Diskussionsbeitrag zu leisten.   Das nächste Mal aller Voraussicht nach heute in 3 Wochen mit meiner Meinung zur „Herausforderung Flüchtlinge“. Soweit für heute , allen noch eine schöne Sommerzeit. Freundliche Grüße von  Johannes   „Joe“    Schwarz

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