30 Zeilen …. Elektromobilität – Fluch oder Segen ?? (12.9.2018)

Liebe Rundbrief- Leserinnen und -Leser,

7 Jahre eigene Erfahrung mit einem Elektro- Auto, über 70.000 km, weit über die Hälfte davon „freiberuflich“ mit einem Radius von bis zu 30 km, veranlassen mich, dieses Thema aufzugreifen, zunächst Stichwortartig:

3 Jahre und rund 30.000 km mit Eigenfabrikat SAM, ein 3-rädriger Zwei- Sitzer, vor allem wegen mechanischer Mängel abgestoßen, die Batterie zeigte noch keinerlei Schwächen.

Seither ein Elektro- smart – noch aus der alten Baureihe.

Der Verbrauch von ca. 10 (SAM) bis ca. 18 kWh (im Jahresdurchschnitt) auf 100 km ist sparsam, für den Geldbeutel wie auch beim CO2- Ausstoß (bei durchschnittl. Strom-Mix).

Ein Knackpunkt, auf den man sich zumindest einstellen muss:    die Reichweite von Sommer (ca. 140 km) halbiert sich bei sehr kalten Temperaturen.

„Tanken“ an der normalen 220 V- Steckdose in max. 8 Stunden, bis 2017 meist über Nacht. Öffentliche E- Tankstellen, z. B. am LRA, nutzt man gerne, aber eher „nice-to-have“; man weiß eben nie, ob einer der 2 Ladeplätze frei ist.

Seit genau 1 Jahr gibt’s die eigene PV- Anlage mit 6,4 kWp, natürlich mit dem Ziel, möglichst viel Eigenstrom zu „verfahren“. Ich führe daher genau Buch über jeden Ladevorgang, incl. Solaranteil bei „halbsonnigem“ Wetter.

Ergebnis nach einem Jahresdurchlauf:      bei knapp 10.000 km ziemlich genau 40% „vom eigenen Dach“. Wie bei der Reichweite aber auch da große saisonale Unterschiede (Mai über 80%, Nov. bis Jan. nicht über 20%, teilweise unter 10%).

Wenn mein Büro am Wohn- + PV- Standort läge, könnten diese „Solaranteile“ sommers wie winters noch merklich höher liegen, weil man viel öfter passgenau zum Sonnenstand Ein- bzw. Ausstecken könnte (siehe dazu Fazit ganz unten).

Soweit die eigenen Erfahrungen, nun ein paar Recherchen, wie die Elektro- Mobilität generell bewertet wird:

Überraschend dabei: der VDA (Verband der Automobilindustrie) bietet auf seiner Homepage unter „Themen“ 15 Unterpunkte an, darunter „CO2- Entwicklung“; „Biokraftstoffe“; „Diesel“, aber keine Rubrik „Elektromobilität“. 

Also suche ich weiter:  VCD (Verkehrsclub Deutschland, Pendant zum ADAC, das ausdrücklich alle Verkehrsteilnehmer im Blick hat, vom Fußgänger über den Auto- bis zum Bahnfahrer)               und BUND vertreten klare Positionen, die in die ähnliche Richtung gehen:

  • Elektromobilität ist nicht nur das E-Auto. Der ÖPNV in Deutschland läuft zu zwei Dritteln bereits elektrisch, zudem gibt es über zwei Millionen Elektro-Fahrräder.“
  • generell darf nicht die Individualmobilität im Fokus stehen, sondern muss deutlich zurückgehen.
  • die Zukunft des Elektroautos liegt in Carsharing-Flotten.
  • An Bahnhöfen und anderen Knotenpunkten gibt es Leihstationen für (Elektro-)Fahrräder, Elektroautos und energieeffiziente Hybridautos.

Die Zukunft nach VCD und BUND kurz und knapp:    „Insgesamt sind viel weniger Pkw zugelassen als heute — aber das einzelne Auto ist viel öfter unterwegs und dadurch effizienter.“

Als Knackpunkt gilt die Ressourcenfrage der Akku-/ Batterie- Technik.   Jakob Krummacher, aufgewachsen in Zavelstein, ist einer der Referenten bei unserer Veranstaltung POLITIK, PRÄSENTATION & PARTY diesen Samstag in Wildberg (siehe Anhang). Er forscht als Doktorand derzeit an Superkondensatoren, die in Sekundenschnelle mit Millionen Ladezyklen und in jeglicher Hinsicht Ressourcenschonender Energie aufnehmen können. In China ist diese Technologie bereits im ÖPNV- Einsatz, allerdings bei geringen Reichweiten „von Haltestelle zu Haltestelle“. In Deutschland ist man dran, Energiedichte und damit Reichweiten zu steigern, was zumindest auch für Kleinfahrzeuge Perspektiven bieten könnte. Mehr zu diesem Thema am Samstag in Wildberg.

Ein Artikel in der ZEIT vor rund 4 Wochen beleuchtet noch einen weiteren Aspekt: 2016 waren 2/3 aller Neuzulassungen gewerblich. Auto- Hersteller und -Vermieter sowie Kfz-Handel abgezogen, ist es immer noch ein Viertel. Weil diese Fahrzeuge zumeist nach wenigen Jahren weiterverkauft werden, beeinflusst das viel mehr den PKW- Markt als die privaten Neuwagenkäufer. Eine Verbrauchs- und CO2- bezogene Umgestaltung der Dienstwagensteuer  –  mitunter auch Dienstwagen- Privileg genannt  –  könnte deshalb ein wirksames Instrument sein, den deutschen Fahrzeugpool zu „klimatisieren“. Eine starke Lobby will das nicht, weshalb es uns Grünen bisher nicht gelang, im Bundestag politische Mehrheiten dafür zu organisieren.

Mein Fazit nach all den Recherchen:     Ob Tesla, BMW &Co tatsächlich die schlüssige Lösung sind, um die dringend erforderliche CO2- Entlastung der Langstreckenmobilität zu schaffen, ist noch fraglich. Aber für die vielen „Kurzstrecken“- und „1-bis-2-Personen“- Fahrzeuge sehe ich in der E- Mobilität auf jeden Fall die Zukunft. Bei uns im ländlichen Raum denke ich dabei gerade auch an Pendler, die noch längere Zeit auf akzeptable ÖPNV- Angebote warten müssen.

Deshalb auch mein Kreispolitischer Vorstoß, am Landratsamt für die vielen Mitarbeiter E- Tankstellen einzurichten. Bei Ladezeiten von mind. 4 Stunden  –  entsprechend Arbeitszeit  –  würden sogar 220 V- Anschlüsse reichen. Sowohl beim Stromversorger als auch bei den Nutzern wäre dies viel planbarer und damit auch effizienter. Die Beladung bei Tag würde den Einsatz bestehender und neuer PV- Anlagen ermöglichen => damit hätten wir schon an der Quelle echte regenerative Mobilität. Mancher Arbeitgeber hat dies erkannt, zunehmend gibt es Beispiele solcher Konzepte.

Die Grundsatzfrage lautet eigentlich: „wie groß und wie schnell müssen unsere eigenen Fahrzeuge für den Alltagsgebrauch noch sein und welche Fahrten erledigt man eher mit ÖPNV, Leihfahrzeugen, E- oder auch klassischen Fahrrädern.“     Wenn uns hier ein Mentalitätswechsel gelingt, wird die ökologische und CO2-freie Verkehrswende gelingen und Elektromobilität dabei eine zentrale Rolle spielen.

Soweit für heute,

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